Geschichte der SPD im Kreis

Bilder und Texte wurden der Pubilkation "Reden zur Jubiläumsfeier 150 Jahre SPD - 14.Juni 2013 Steinhalle Emmendingen - Wolfram Wette & Dietrich Elchlepp" entnommen. 

Teil 1

 Hier finden Sie den ersten Teil der Festrede -"…ohne Frieden ist alles nichts!“ von Prof. Dr. Wolfram Wette, Historiker

 

Teil 2

150 Jahre SPD – Freiheit und Gerechtigkeit

 

Dietrich Elchlepp, MdEP a.D. , MdB a.D.,
Ehrenvors. des SPD-KV Emmendingen

 

Genossinnen und Genossen, liebe Festgäste,

nachdem Wolfram Wette die Friedenspolitik der SPD in den Mittelpunkt seiner Betrachtungen gestellt hat, möchte ich zwei weitere Bereiche sozial­demokratischer Politik der vergangenen 150 Jahre beleuchten, die ebenso als ein Alleinstellungsmerkmal gelten können, nämlich die Bereiche Freiheit und soziale Gerechtigkeit.

Beide waren sie für uns stets zwei Seiten der gleichen Medaille: Freiheit von Armut, Freiheit von Unwissenheit, Stärkung der Arbeitnehmerrechte. Der frühere DGB-Vorsitzende Dieter Schulte hat es jüngst treffend auf den Nenner gebracht:

„Nichts, was heute unser Land im Guten prägt, nichts, was unsere staatliche und gesellschaftliche Ordnung gerechter, freier, sozialer und menschlicher gemacht hat, ist ohne Zutun der Sozialdemokratie entstanden: der Rechtsstaat, die parlamentarische Demokratie, der Sozialstaat, der soziale Aufstieg durch Bildung breiter Volksschichten und die Gleichberechtigung. Ebenso wahr ist, dass das meiste gegen den erbitterten Widerstand der Konservativen und der reaktionären Kräfte im zähen Ringen durchgesetzt wer- den musste.“ „Das Land braucht eine selbstbewusste SPD.“

in FAZ, 23.5.2013, S. 10

 

In der Vorgeschichte der SPD spielte der deutsche Südwesten eine beson­ders aktive Rolle. In der unmittelbaren Nachbarschaft zu Frankreich und zur Schweiz treffen wir hier auf bekannte radikaldemokratische Anführer der 48er Revolution. Es ging ihnen nicht nur, wie gemeinhin bekannt, um staats­bürgerliche Freiheiten, sondern auch um die dringende Lösung der „sozia­len Frage“. Zwei ihrer bekannten Vertreter, der Mannheimer Gustav Struve und der Heidelberger Friedrich Hecker, haben sich selbst als „sociale Demo­kraten“ bezeichnet. Wir erinnern uns an das Offenburger Gasthaus „Sal­men“, wo am 12. September 1847 die erste politische Versammlung in der deutschen Demokratiegeschichte stattfand. Um die 900 Männer und Frauen forderten dort nicht nur die Versammlungs-, Rede-, und Pressefreiheit, son­dern soziale Verbesserungen und die „ Abschaffung aller Vorrechte“. Bereits in den dreißiger und vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts, im sogenann­ten Vormärz, hatte sich der Protest der Arbeiter und kleinen Handwerker geäußert. Es entstanden die ersten lokalen Unterstützungskassen und später die vielen Arbeiterbildungsvereine. Einen solchen gab es übrigens auch in Emmendingen. Vor vielen Jahren hatte ich das Glück, im fernen Rheinland ein seltenes Dokument aus dem Jahr 1914 über einen Gesangswettbewerb anlässlich des 50jährigen Bestehens des Emmendinger Arbeiterbildungsver­eins zu finden. Daraus können wir seine Gründung im Jahr 1864 ableiten. Es ziert unsere heutige Feier und stets den SPD-Fraktionssaal im Rathaus Emmendingen.

 

Von der Wiege bis zur Bahre

Den Arbeitern und kleinen Handwerkern ging es damals bekanntlich schlecht, Arbeiter wurden in der Frühzeit der Arbeiterbewegung von bürger­lichen Kreisen als nicht vollwertige Menschen betrachtet. Sie wurden nicht selten in ihren Betrieben mit „Lausbub, Rindvieh, Ochs und Esel“ betitelt. Es herrschten große Klassenunterschiede, stolz zur Schau getragener Reichtum und bitterste Armut in engsten Wohnverhältnissen. Mit einem Tageslohn von 1,70 RM sollte Anfang des 19. Jahrhunderts ein Familienvater, der bei der Ledergerberei Lösch in Endingen arbeitete, seine 5- oder 6-köpfige Fami­lie erhalten und sie über den Winter bringen!

Aber von solchen Demütigungen ließen sich unsere frühen Genossen und Genossinnen nicht abschrecken. Sie schufen sich angesichts dieser Erniedrigung eine ganz eigene Lebenswelt in unzähligen Vereinen. „Von der Wiege bis zur Bahre“ konnte man in jener Zeit sein Leben mit Gleichgesinnten ver­bringen, konnte die Ausgrenzung überwinden.

Am 7. Juni 1914 feierte der Arbeiterbildungsverein
Emmendingen sein 50-jähriges Bestehen. 

Man traf sich in Radsportverei­nen, Ringer- oder Wanderver­einen, bei den Naturfreunden, in Schachvereinen oder in Arbeiter-Sängerbünden. Die Nazis haben übrigens nach 1933 alle diese Vereine zerschlagen und ihren Besitz geraubt. Auch einheimische Bürger haben sich am Besitz dieser Vereine bereichert.

In der SPD-Zeitung „Volkswacht“ vom 9. Mai 1895 lesen wir über das Treiben der frühen Sozialde­mokraten in Endingen :

„Zur Maifeier veranstalteten die hiesigen Parteigenossen (Arbeiterverein) am Sonntag einen Ausflug auf den Katharinenberg und nach der Eichelspitze. Hier beging man hoch im Blau­en ein würdiges Proletarierfest, wobei Genosse B. in schön sachlicher Weise die Bedeutung des 1. Mai schilderte. Das kräftige Hoch auf die Sozialdemo­kratie hallte weithin durch die Lüfte zum Schwarzwald und zu den Vogesen. Im ‚Lilienhof‘ gönnte man sich nach einem so weiten Marsche eine kleine Erholung und dann zogen wir unter dem Gesang der Marseillaise unserem lieben Endingen zu, das trotz dieser Maifeier noch auf dem alten Platze steht. Im nächsten Jahr werden wir den 1. Mai in der Stadt selbst feiern.“

Die Arbeiter sangen übrigens auf SPD-Versammlungen, auf Wanderungen und auf ihren Feiern die beliebte „Arbeitermarseillaise“, mit der bis zum Ende der Weimarer Republik alle Parteitage der SPD ausklangen:

„Der Bahn der Kühnen folgen wir, die uns geführt Lassalle.“

Als Ende des 19. Jahrhunderts die Forderung der Sozialdemokraten nach Arbeitsschutzrechten immer stärker wurde, schuf – politisch schlau – Reichskanzler Bismarck 1871 die Gesetze für die Renten-, Unfall- und Krankenversicherung. Er glaubte, damit die Sozialdemokraten bedeutungslos machen zu können. Sie sollten aus der Nation gedrängt werden. Kaum hatte Bismarck diese Gesetze im Jahre 1878 erlassen, wurde die SPD bis 1890 verboten. Selbst als das Verbot aufgehoben war, wurden ihre Veranstaltungen auch in unserer Region von Polizisten und einem Vertreter der Badischen Bezirksäm­ter Emmendingen oder Waldkirch genau überwacht.

Aber gerade in dieser Zeit wuchs das Engagement der Menschen für die soziale Sache in einem Maße an, wie es ihre Gegner nicht erwartet hat­ten! Und seit den Wahlen von 1912 stellte die SPD die stärkste Fraktion im Reichstag. Sie wuchs nicht nur in der städtischen Arbeiterschaft, sondern auch im ländlichen Raum. Handwerker und Arbeiter setzten sich gemeinsam für soziale Gerechtigkeit ein, für Rechte am Arbeitsplatz und für die Erhö­hung der damaligen Hungerlöhne. Sie kämpften gegen die Kinderarbeit, für das gleiche Wahlrecht aller Bürger und Bürgerinnen.

Ein anschauliches Beispiel für das soziale Engagement der Sozialdemokraten von damals wird aus Waldkirch berichtet: Als zu Beginn der Weimarer Repu­blik erstmals zwei Sozialdemokraten, Ganter und Knöpfle, in den bisher tief schwarzen Gemeinderat einziehen konnten, engagierten diese sich sogleich auf dem Felde der Sozialpolitik „zum Wohle der werktätigen Bevölkerung“. Sie forderten Prioritäten beim Freibankfleischverkauf zugunsten der Min­derbemittelten. Die Verteilung der Lebensmittel sollte unter die ständige Kontrolle eines Arbeitervertreters gestellt werden. Der Bau von Kleinwohn­häusern sollte begonnen werden und das Mieteinigungsamt sollte keine Wohnungskündigungen und Mietpreissteigerungen ohne Genehmigung durch die Stadt gestatten. Wie aktuell, könnte man heute sagen!

 

Bahnbrechende Sozialpolitik dank SPD

Wir haben heute schon gehört, dass der Beginn des Ersten Weltkriegs we­gen der Zustimmung der SPD zu den Kriegskrediten und der aufkommenden Nationalisierung der Arbeiterschaft ein Rückschlag für die SPD war.

Aber es gab nach dem Ersten Weltkrieg dank der SPD bahnbrechende sozialpolitische Fortschritte. Mit der Revolution von 1918 wurde unter SPD-Regierungen oder mit SPD-Beteiligung das politische System in Deutschland demokratisiert, neue Standards für das Arbeits- und Sozialleben festgelegt und in der Verfassung festgeschrieben:

  • Mit Hilfe der SPD kam es zum Abschluss von verbindlichen Arbeitstarifverträgen und Schlichtungsmöglichkeiten.
  • 1920 wurde das Reichsbetriebsrätegesetz erlassen. Es wurde die Arbeitszeitregelung mit dem 8-Stunden-Tag       eingeführt.
  • Es wurde zum ersten Mal in Deutschland der Arbeitschutz gesetzlich geregelt, um die Gesundheit der Arbeitnehmer möglichst lange zu bewahen.
  • Im Jahre 1918 erstritten die Sozialdemokraten das gleiche Wahlrecht für Frauen. Ein historischer Erfolg!

Über den Kreis der Arbeitnehmer hinaus wurde 1924 eine allgemeine Fürsorgepflicht geschaffen, aus Sorge für das gesundheitliche, sittliche und wirtschaftliche Wohl notleidender und gefährdeter Mitmenschen. Damit wurde erstmals ein Rechtsanspruch in der deutschen Sozialpolitik formuliert.

Zu den großen sozialstaatlichen Neuerungen der Weimarer Republik zählte 1927 die mit aktiver Mitwirkung der SPD eingeführte Arbeitslosenversicherung als vierte Säule der Sozialversicherung. Vor dem Ersten Weltkrieg hatte sich unter den Parteien nur die SPD dafür ausgesprochen.

Wir können übrigens mit Stolz daran erinnern, dass 1920 in Baden ein Arbeitsministerium eingerichtet wurde, das der aus Weisweil stammende Sozialdemokrat Wilhelm Engler leitete. Durch Arbeitsbeschaffungsmaßnah­men und die Erwerbslosenfürsorge konnte die Not nach dem Ersten Welt­krieg gelindert werden.

Von der neuen Sozialpolitik sozialdemokratischer Handschrift profitierten die Arbeiter der Firma RAMI, damals der größte Industriebetrieb in Emmen­dingen. Die Stärkung der Arbeiterrechte zeigte sich hier 1921 in einem ers­ten Streik für höhere Löhne, in einer Zeit steigender Inflation. Der Lohn für einen 25-jährigen Arbeitnehmer betrug damals 3,70 RM, für eine Arbeiterin nur 2,80 RM, am Tag wohlgemerkt, nicht in der Stunde! Zum Vergleich: Ein Zentner Kartoffeln kostete damals ganze 43 RM. Für nur einen Sack Kartof­feln musste somit ein Arbeitnehmer 12 Tage schuften!

Leider hat die Bevölkerung in Deutschland in der Folge die großen Verdiens­te der Sozialdemokratie zur Schaffung der ersten deutschen Republik nicht honoriert.

Aber es waren dann wiederum Sozialdemokraten, die nach 1945 in vorder-ster Reihe die Demokratie in Deutschland wieder aufbauten – und im Osten des Landes wieder verfolgt wurden! Sozialdemokraten schufen mehr Sozi­alstaatlichkeit. Sie reformierten zum Beispiel das antiquierte Familien- und Scheidungsrecht zugunsten der Frauen, sie traten für eine Mindestrente ein, ein Segen damals für alle, die ein Leben lang ohne soziale Absicherung, vor allem im ländlichen Bereich, gearbeitet hatten. Lange Zeit war es in der Bun­desrepublik strittig gewesen, ob Sozialstaatlichkeit und Rechtsstaatlichkeit sich im Grunde vereinbaren ließen. Erst spät setzte sich das Argument bei uns durch, dass jede Rechtstaatlichkeit eines sozialen Fundaments bedürfe, um den Bürgern die aktive Teilnahme am politischen Leben auch praktisch zu ermöglichen. Ein Argument, das auch heute noch sensibel beachtet werden sollte, wenn es zum Bespiel um die Angemessenheit von Hartz IV- Sätzen geht!

Sozialdemokraten hatten in unserem Bundesland in der Nachkriegszeit schon früh die Aufhebung des dreigliedrigen Schulsystems gefordert, sie haben für die Studienförderung und ein kostenfreies Studium gekämpft. In Baden-Württemberg erreichten sie es mit dem Eintritt in die Große Koalition 1962 - 1966, dass die Konfessionsschulen und die konfessionelle Lehrerbil­dung abgeschafft wurden. Wir sehen heute in der Einführung der Gemein­schaftsschule einen dringenden Handlungsbedarf im Geiste des Gleichheits­gebots unseres Grundgesetzes .

Nach dem Kriege befasste man sich bei uns auch lange Zeit und sehr heftig mit der politischen Neuordnung des Südwestens.

„Man kann mit Fug und Recht sagen, dass die SPD die eigentliche Baden-Württemberg-Partei ist und das Entstehen des Südweststaates von seiner Geburt an maßgeblich unter­stützte.“

Die CDU war hier gespalten. In der Landesentwicklung war damals auch von wesentlicher Bedeutung, dass der sozialdemokratische Innenmi­nister Walter Krause die Kreisreform in Gang setzte, aber auch die Grundla­gen für die Gemeindereform.

 

SPD im Südwesten als Erste für Erneuerbare Energien

Ich erinnere heute ganz besonders an die bewegten Zeiten in den 1970er Jahren, als in Deutschland und bei uns im Südwesten eine starke Friedens- und Umweltbewegung heranwuchs, an den Widerstand gegen Großprojekte („Kein Ruhrgebiet am Oberrhein“) und gegen das KKW in Wyhl, bei dem viele von uns in der vordersten Reihe des Widerstandes und bei Erarbeitung alternativer Energiekonzepte standen. Karl Nicola, damals Bürgermeister von Weisweil und MdL, könnte viel darüber berichten. Ich selbst war damals Mitglied im „Arbeitskreis Sonnenhaus“ der Badisch-Elsässischen Bürgerini­tiativen, zusammen mit Erhard Schulz aus Emmendingen und anderen. Wir können mit Stolz daran erinnern, dass auf dem SPD-Landesparteitag im Juli 1979 – also vor der Geburtstunde der Grünen am 13. Januar 1980 – Erhard Eppler die Landes-SPD zu einem eindeutigen Anti-KKW-Beschluss führte. Wir verfolgten das Ziel, eine ähnliche Beschlusslage bei der Mutterpartei herbei­zuführen. Wir mussten aber noch bis 1986 warten, wo unter dem Eindruck von Tschernobyl auf dem Nürnberger Parteitag die gesamte Partei Abschied von der Atomkraft nahm.

 

Erinnerung an einige frühe Kämpfer der SPD für Demokratie und sozialen Fortschritt

Sicherlich ist es am heutigen Tag angebracht, sich an einige herausra­gende regionale und überregionale Repräsentanten der frühen SPD zu erinnern. Genossen und Genossinnen, die Verantwortung für Demokratie und sozialen Fortschritt in unserem Lande trugen, wo immer sie tätig waren und dabei oft großes Leid erdulden mussten. Sie schufen für uns alle sozialpolitische Errungenschaften, die wir heute selbst­verständlich in Anspruch nehmen, die aber nicht von alleine gekommen sind und die sich schon gar nicht von alleine bewahren lassen.

 

 

Friedrich Ebert, Reichspräsident 1919 -1925    

 

 
   
Otto Wels    

 

Ganz am Anfang der sozialdemokratischen „Umtriebe“ stoßen wir in unserer Region auf den Namen Ludwig Frank, einer der großartigsten Sozialdemo­kraten in Baden, der um 1900, wie in alten Versammlungsberichten zu lesen ist, viel Gründungsarbeit für die SPD in Südbaden leistete. Er war ein bril­lanter Kopf. Er stammte aus Nonnenweier und wurde Mannheimer Reichs­tagsabgeordneter. Er trat in der Presse unserer Region oft in Erscheinung. Er war ein überzeugender und humorvoller Redner, der für volle Säle sorgte. Er bewirkte 1909 einen Linksrutsch im badischen Parlament.

 

„Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht “

Ich nenne dann aus der Weimarer Zeit ganz besonders den Heidelberger Sattlermeister und Sozialdemokraten Friedrich Ebert, den ersten demo­kratischen Präsidenten Deutschlands. Er war einer der herausragendsten Politiker der deutschen Geschichte. Er holte 1919 das nach, was 1848 den Deutschen verwehrt wurde. Er hat wesentliche Orientierungspunkte für eine soziale Republik gesetzt und unter schwierigen äußeren und inneren Verhältnissen der parlamentarischen Demokratie in Deutschland hoffnungs­voll den Weg bereitet, bis die Nazis und ihre Helfershelfer alles zerstörten. Die SPD stemmte sich als einzige Partei dagegen.

Wir erinnern uns an die mutige Rede des SPD-Fraktionsvorsitzenden Otto Wels im Jahre 1933 bei der Ablehnung des Ermächtigungsgesetzes durch die SPD, als der Reichstag bereits von seinen Totengräbern umzingelt war: „Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht! “

 
Julius Leber  

 

Wir erinnern an einen herausragenden Genossen im Widerstand gegen Hit­ler, an Julius Leber, aus dem uns nahen Biesheim im Elsass, der in Breisach zur Schule ging und der als Mitglied des Kreisauer Kreises zum deutschen Widerstand gegen Hitler zählte. Er war vom Widerstand als Innenminister oder Kanzler eines demokratischen Deutschland ausersehen und 1944 von den Nazis feige ermordet worden. Wir gedenken seiner alljährlich mit einer Kranzniederlegung an seinem Elternhaus. Sein letzter Gruß beeindruckt bis heute: „Für eine gute und gerechte Sache ist der Einsatz des Lebens der angemessene Preis“.

Als Hitlers Ermächtigungsgesetz 1933 beschlossen wurde, waren bereits die badischen SPD-Reichstagsabgeordneten Ludwig Marum aus Karlsruhe und Stefan Meier aus Freiburg verhaftet. Sie kamen im KZ um. Stefan Meier hatte sich kritisch zum Kriegsausgang 1918 geäußert und war verpfiffen worden.

„Wir deutschen Sozialdemokraten bekennen uns in dieser geschichtlichen Stunde feierlich zu den Grundsätzen der Menschlichkeit und der Gerechtigkeit, der Freiheit und des Sozialismus. Kein Ermächtigungsgesetz gibt Ihnen die Macht, Ideen, die ewig und unzerstörbar sind, zu vernichten.“

Aus der Rede von Otto Wels am 23.3.1933 gegen das „Ermächtigungsgesetz

 

Ich erinnere auch an unseren Genossen Fritz Schieler aus Teningen, der mutig der braunen Flut öffentlich entgegentrat, von den Nazis ins Gefängnis geworfen wurde, während der Unternehmer Tscheulin aus dem gleichen Ort die NSDAP aufbaute, gegen die Demokraten hetzte und siehe da, nach 1945 als Wohltäter Teningens zu weiteren Ehren gelangte. Fritz Schieler wurde 1936 durch ein Stuttgarter Sondergericht wegen Vorbereitung zum Hochverrat (d.h. Widerstand gegen das verbrecherische NS-System) zu Ker­kerhaft verurteilt, weil er auch nach dem Verbot politisch ungebrochen in illegaler Arbeit für die SPD tätig war. Er überlebte, wenn auch gesundheitlich schwer angeschlagen.

Nachdem mit der Machtergreifung der Nazis am 30. Januar 1933 dem legitimierten Terror Tür und Tor geöffnet war, die Häuser der freien Ge­werkschaften gestürmt und die Demokratie zerschlagen wurde, sind viele unserer Genossen in sogenannte Schutzhaft genommen worden. Aus der Stadtgeschichte Emmendingen ist an unseren mutigen Genossen Hermann Günth zu erinnern, seit 1931 stellvertretender Bürgermeister. Bis zum Machtwechsel 1933 organisierte er zahlreiche Kundgebungen gegen die Nationalsozialisten. Am 10.März 1933 wurde er verhaftet, er kam in soge­nannte Schutzhaft, verlor seine berufliche Stellung in der AOK und erhielt ein Aufenthaltsverbot für die Stadt Emmendingen.

Zu erinnern ist an den Genossen und Gemeinderat Julius Blum, der vor 1933 aktiv im sozialdemokratischen „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“ war. Ein weiterer Genosse, Johann Gass, zweiter Vorsitzender der Emmendinger SPD, unterhielt enge Kontakte zur Freiburger Untergrundgruppe „Roter Schutzbund Brigade Karl Liebknecht“. Die Gruppe verteilte illegale Flugblät­ter, wurde aufgedeckt und des Hochverrats angeklagt. Gass überlebte das Konzentrationslager und war nach dem Krieg SPD-Gemeinderat, ebenso wie Julius Blum.

Wir gedenken heute auch derer, die nach der Diktatur die Demokratie in Deutschland wieder aufbauten, z.B. an den großartigen baden-württem­bergischen SPD-Politiker Carlo Schmid, der im Parlamentarischen Rat ganz entscheidend an der Schaffung des Grundgesetzes mitwirkte und den ich noch persönlich kennenlernen durfte. Er war ein wichtiger Repräsentant der deutsch-französischen Versöhnung und eines humanen Deutschland, der immer wieder betonte, dass sich Europa nach innen und außen nicht von der Macht her verstehen dürfe.

Wir gedenken heute auch der bekannten Frauenrechtlerin nach dem Kriege, der SPD-Bundestagsabgeordneten Martha Schanzenbach aus Gengenbach, die Vorsitzende der Bundes-AWO war.

Wir sind im Rückblick auf die SPD-Politik in und aus Baden-Württemberg stolz auf zwei weitere Genossen, die leider nicht mehr unter uns sind. Auf den populären und erfolgreichen Umweltminister von Baden-Württemberg, Harald B. Schäfer, von dem wir uns im Januar 2013 viel zu früh verabschie­den mussten. Wir würdigen auch die Verdienste des viel zu früh verstorbe­nen Waiblinger Bundestagsabgeordneten Dr. Hermann Scheer, der erfolg­reich auf den außerparlamentarischen Kampf um die Energiewende setzte. Wir verdanken ihm in hohem Maße das Energieeinspeisungsgesetz (EEG) und das 100 000 – Dächer-Solarprogramm. Er war übrigens Träger des Alter­nativen Nobelpreises.

 

Alles nur Geschichte?

Nein, die Sozialdemokratie hat sich keinesfalls überholt, wie Ralf Dahren­dorf noch Ende des vorigen Jahrhunderts voreilig meinte. Die Anliegen der Sozialdemokraten sind noch immer aktuell. Das zeigen nicht nur die steigen­den Arbeitslosenzahlen in Europa, das Verschwinden fester Arbeitsverträge zugunsten geringfügiger oder kurzer Beschäftigungsverhältnisse, welche Jugendlichen, die eine Familie gründen wollen, eine ganz ungewisse Zukunft bieten. Oder das immer stärkere Auseinanderdriften der Vermögensver­teilung oder die beschämenden Bittgänge von arbeitenden Menschen zur Arbeitsagentur, um ihre unzureichenden Löhne und Renten mit Hilfe der Steuerzahler und letztlich zur Entlastung von Betrieben aufzustocken.

In unserer Republik, die sich in ihrem Grundverständnis der Chancengleich­heit und der Würde des Menschen verschrieben hat, stellt sich somit noch immer die Gerechtigkeitsfrage. Es geht dabei aus Sicht der Sozialdemokraten auch um die Grundfesten unsere Demokratien in Europa, wenn das Miss­trauen gegen dem Staat als einem ungerechten Staate zunimmt. Der Unmut in der Bevölkerung über unsichere Arbeitsverhältnisse, die Angst vor dem Verlust des Ersparten, vor dem unkontrollierten Einfluss der Wirtschaft und der Banken auf die Politik nehmen zu. Sollen Millionen von Jugendlichen in Südeuropa ohne Arbeit und Lebensperspektive dafür büßen, dass falsche Politik und unverantwortliches Spekulantentum die jüngste Finanzkrise hervorriefen?

Das Leben in einem demokratischen Staat ist für uns doch mehr als Gewinn­maximierung und steigende Exportquoten!

Aber übersehen wir auch nicht „die politischen Grautöne“, die heute dem Nationalismus in Europa wieder Tür und Tor öffnen. Unsere Nachbarn sehen mit Sorge, dass sich die Bundesregierung und die Kanzlerin als Vertreterin rein materieller deutscher Interessen verstehen und dass sie kompromisslos

Rettungsmaßnahmen von Sparmaßnahmen um jeden Preis abhängig mach­te; also letztlich um den Preis von noch mehr Arbeitslosigkeit und Perspek­tivlosigkeit für Menschen in Europa.

Wir Sozialdemokraten hingegen wollen an den strukturellen Kern der Wirt­schafts- und Finanzkrise herangehen, Kontrolle der Finanztransaktionen und der Banken. Wir treten ganz in der Tradition unserer Partei ein für eine gerechte Verteilung des erzielten Wohlstandes durch Arbeit für alle, faire Einkommen und eine höhere Besteuerung der Gewinne und hohen Einkom­men. Unser Parteivorsitzender Sigmar Gabriel hat jüngst in einem Interview gemeint: „Europa hat sich mit der Aufklärung mal von der Vorherrschaft der angeblich gottgewollten Fürsten befreit. Jetzt braucht Europa eine zweite Aufklärung, die Befreiung von den angeblich gottgewollten Märkten. Es reicht nicht, wenn es Deutschland gut geht, schaut nach Spanien oder Portugal!“ Als Sozialdemokraten müssen wir also heute in der Tradition unserer Partei darauf achten, dass sich nicht neue Grenzen in Europa auftun zwischen einem reichen Norden und einem armen Süden, zwischen Erfolg­reichen und Chancenlosen.

 

SPD – die Europapartei

70 Jahre ohne Krieg in Mitteleuropa! Dies ist heute für uns eine hohe Ver­pflichtung, auch in Zeiten scheinbarer Stabilität alles, ja alles zu tun, um dem Faschismus und Militarismus keine Chance zu geben. Die jüngsten Ereignisse bei uns zeigen allerdings, dass der Faschismus nicht schläft. Welch ein Ana­chronismus und empörender Vorgang, dass die Terrorserie der NSU möglich war und dass überhaupt wieder von einem „nationalsozialistischen Unter­grund“ gesprochen werden muss und es so lange dauerte, das mörderische Treiben der neuen Nazigruppe in Deutschland aufzudecken!

Dietrich Elchlepp

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